Was ist Achtsamkeit in der Familie?

Achtsamkeit bedeutet, den Moment bewusst wahrzunehmen, ohne zu urteilen. Es geht darum, sich selbst, den Partner und die Kinder aufmerksam und liebevoll wahrzunehmen – in guten wie in herausfordernden Momenten.
In einer Welt voller Hektik, To-do-Listen und endloser Anforderungen sehnen wir uns nach mehr Ruhe und Gelassenheit. Achtsamkeit kann dabei eine große Rolle spielen. Achtsamkeit ist jedoch nicht nur ein Thema für dich und mich, sondern eben auch ein Thema für unsere Kinder. Was du für dich gelernt und verinnerlicht hast, kannst du deinen Kindern weitergeben. Unsere Kinder lernen von uns nicht nur Sprache und Wissenschaft, sondern eben auch Verhalten und Selbstfürsorge. Wie gehe ich mit anderen um und wie gehe ich mit mir selbst um. Nur wenn du dich selbst siehst und dich selbst liebst, kann dein Kind das auch von dir Lernen. Achtsamkeit und Selbstfürsorge fängt also bei uns Eltern an. Durch achtsame Techniken, gemeinsame Bewegung, Entspannungsrituale und eine bedürfnisorientierte Erziehung können wir als Familie eine Atmosphäre schaffen, die Harmonie und Wohlbefinden fördert.
Achtsamkeit in der Familie schafft Nähe, Geborgenheit, Gesehenwerden, Verständnis, Fürsorge und gemeinsame Entwicklung.
Für einen angenehmen Alltag, in dem wir uns wohlfühlen.
Für eine persönliche Work-Life-Family-Balance.



Achtsamkeitstechniken für die Familie

Achtsamkeit ist kein Hexenwerk und muss nicht kompliziert sein oder viel Zeit kosten, denn dabei geht es nicht darum ein Business zu Planen, sondern die Kleinen Momente des Lebens wahrzunehmen. Nur durch Wahrnehmung kannst du reflektieren, fühlen und wachsen. Bereits kleine Übungen können einen großen Unterschied machen. Nachfolgend gebe ich dir ein paar Impulse für kleine Übungen, die sich im Alltag integrieren lassen:

  1. Achtsames Atmen
    • Eine einfache Atemübung kann Wunder bewirken. Nehme dir 90 Sekunden Zeit und atme bewusst. Nehme deinen Atem wahr, wie er die Nase berühr und die Lungen füllt, wie der Atem durch deinen Körper strömt. Mach dieses Ritual für dich oder gemeinsam in der Familie. Leite dein Kind mit an, gebe Hilfestellungen mit einfachen Fragen: Wie fühlt es sich an der Nase an, wenn du hier einatmest, wie fühlt es sich hier an, wenn du ausatmest. Folge deinem Atem wie einem AUto, ein Auto voller Luft, das in deinem Körper fährt, wo fährt dieses Auto hin, wo spürst du es am meisten?
    • Effekt: Fördert Ruhe und Fokus.
  2. Atmen zählen
    • Eine andere Art der Atemwahrnehmung als zuvor. Hierbei beobachtest du die Länge vom Atem.
      Nehme zwei tiefe Atemzüge, atme tief ein und aus. Beim nächsten Mal beginnst du mit der vollen Einatmung mitzuzählen. Kannst du bei gleichmäßiger Einatmung bis 4 zählen? Kannst du bei gleichzeitiger Ausatmung bis 4 Zählen? Kinder nutzen beim Zählen am besten die Finger. Wenn es dir schwer fällt bis 4 ein oder auszuatmen, beginne bei 3 und steigere dich langsam zur 4. Wenn es dir sehr leicht fällt mit der 4 steigere dich doch direkt zur 5 oder 6.
      Brauchst du Entspannung und möchtest dein System etwas runterfahren, atme am besten länger aus als ein. Atme zum Beispiel 4 Zählzeiten ein und 6 Zählzeiten aus.
    • Effekt: Fördert Ruhe und Fokus.
  3. Dankbarkeitsrituale und Feel-Good-Momente
    • Vor dem Abendessen oder vor dem Schlafengehen kann jedes Familienmitglied etwas nennen, wofür es dankbar ist. Dies lenkt den Blick auf das Positive und schafft eine liebevolle Atmosphäre.
    • Beginnt den Tag positiv und besprecht bereits beim Frühstück, auf was ihr euch heute bereits freut.
    • Lasst euren Tag Revue geschehen am Abend. Was habt ihr heute erlebt allein oder gemeinsam. Was war doof und was war toll? Dies kannst du mit einem kleinen Fantasiespiel verbinden:
      Fülle einen Luftballon mit einer Sache, die dir heute nicht gefallen hat. Schicke diesen Luftballon weg, vielleicht auf die Müllkippe. Fülle einen Ballon mit ein, zwei oder drei positiven Dingen, die dir heute gefallen haben. Sende diesen Ballon hinauf zum Himmel damit die ganze Welt teilhaben kann an eurem Erlebten. Vielleicht möchtet ihr den Luftballons Farben geben? Rot, blau, bunt, glitzernd? Jeder füllt hierbei seine eigenen Ballons, aber ihr macht es gemeinsam.
    • Effekt: Stärkt emotionale Resilienz, Positivität, Vertrauen und Familienzusammenhalt.
  4. Achtsamkeits-Spaziergänge
    • Macht gemeinsam einen Spaziergang, bei dem ihr euch auf die Sinne konzentriert. Am besten funktioniert das im Wald, es funktioniert aber auch überall anders. Welche Geräusche hört ihr? Welche Farben seht ihr? Wie fühlt sich der Boden unter euren Füßen an? Was könnt ihr riechen? Wie fühlt es sich an? Welche Gefühle verbindet ihr mit diesem Moment?
    • Das lässt sich auch wunderbar mit einem kleinen Spiel verbinden: Ich höre was, was du nicht hörst.
    • Bist du schonmal barfuß im Wald oder im Park gelaufen? Oder hast die Bäume und die Blumen gefühlt? Nutze deinen Tastsinn der Füße und Hände und gönne dir eine ganz besondere Art der Wahrnehmung und Massage.
    • Vielleicht mögt ihr euch auch auf die Wiese legen, das Gras unter euch spüren und dabei die unterschiedlichen und einzigartigen Wolken anschauen und überlegen, welche Form diese Wolken wohl für euch haben.
    • Nehmt euch vielleicht bei jeder Wanderung und jedem Spaziergang 2 Minuten für ein solches Ritual und vielleicht weitet ihr es aus, weil Ihr so viel Gefallen daran findet.
    • Effekt: Fördert die Präsenz und Verbundenheit mit der Natur.
  5. Gefühlsbarometer
    • Fragt regelmäßig: „Wie fühlst du dich gerade?“ und gebt Raum für ehrliche Antworten. Haltet Augenkontakt und hört aktiv zu. Dies kann besonders wirksam sein um in sich hineinzuspüren und aufwühlende Momente zu lockern. Wenn ihr einen Streit habt, liegt das häufig an Missverständnissen oder mangelhafter oder fehlerhafter Kommunikation. Wenn man eine klare Vorstellung von einem Moment hatte und dieser nun ganz anders ist als man es sich ausgemalt hat, ist man oft traurig, aber man äußert es wütend. Wenn man etwas gekocht hat und die anderen nicht aufessen oder sagen es schmeckt nicht, wird man vielleicht wütend oder gar beleidigend, obwohl man eigentlich nur etwas Anerkennung wollte und enttäuscht ist, dieses Gefühl nicht vermittelt bekommen zu haben, obwohl es ganz sicher da ist und nur nicht geäußert wurde. Doofe Situationen entstehen häufig aufgrund Kommunikationshürden. Wenn du lernst deine eigenen Gefühle und die der anderen besser wahrzunehmen erleichtert das nicht nur den Alltag, sondern stärkt euch als Familie.
    • Effekt: Unterstützt die emotionale Intelligenz und das Verständnis füreinander, stärkt den Familienzusammenhalt, die Harmonie im Alltag und das Vertrauen ineinander und sich selbst.

Bewegung und Achtsamkeit verbinden

Bewegung ist ein wichtiger Bestandteil eines achtsamen Familienlebens. Sie baut Stress ab und stärkt die Verbindung zwischen Körper und Geist. Gezielte achtsame Bewegung fördert dein Körpergefühl und deine Gesundheit. Gemeinsame Bewegung schafft Gemeinsamkeiten und Nähe. Hier sind einige Ideen und Möglichkeiten für dich und deine Familie:

  1. Yoga für die ganze Familie
    • Kindgerechte Yoga-Übungen wie die „Katzen-Kuh-Position“ oder der „Baum“ machen Spaß und fördern die Konzentration. Für Eltern können dabei sanfte Dehnungen entspannend wirken. Verpackt in eine spannende Fantasiegeschichte, wird es eine ganz besondere Yoga-Erfahrung für die Familie. Den Kindern wird der Anreiz an Bewegung und Achtsamkeit gegeben und die Eltern dürfen sich in eine neue gelassene Fantasiewelt der Kinder begeben, den Alltag mal hinter sich lassen und einfach nur gemeinsam Spaß haben. Gemeinsame Übungen und Berührungen lassen euch gemeinsam hineinfühlen und gemeinsam agieren.
    • Effekt: Verbessert die Beweglichkeit, fördert Entspannung, stärkt die Körperwahrnehmung und die Nähe und den Zusammenhalt in der Familie.
  2. Tanzen und Bewegen
    • Schaltet eure Lieblingsmusik ein und tanzt zusammen. Es geht nicht um Perfektion, sondern um Spaß und Freude an der Bewegung. Macht Platz im Wohnzimmer und tanzt gemeinsam, wie es euch gefällt, niemand schaut zu und ihr seid ganz unter euch. Ihr könnt euch bewegen, wie es euch gefällt und angenehm ist, ohne dass jemand urteilt oder bewertet.
    • Effekt: Fördert persönliche Entspannung und Emotionsabbau sowie das Vertrauen und die Bindung in- und untereinander in der Familie.
  3. Familien-Workouts im Freien
    • Organisiert kleine Bewegungs-Challenges wie Hüpfen, Laufen oder Balancieren im Park. Kinder lieben spielerische Elemente, und die frische Luft tut allen gut. Ihr könnt gemeinsam Fußballspielen, Fitnessübungen im Park machen, Korbwürfe auf dem Basketballplatz, das Lauf-ABC, wie ihr es aus der Schule kennt oder gar schauen, wer schneller mit dem Fahrrad ist oder ob das kleine Kind mit dem Fahrrad schneller ist als ihr zu Fuß beim Joggen.
    • Effekt: Stärkt das Immunsystem, baut Muskulatur auf und schafft gemeinsame Erlebnisse.

Möglichkeiten zur Entspannung

Gerade im Familienalltag ist es wichtig, regelmäßig Entspannungspausen einzulegen. Der Alltag ist häufig so vollgepackt, dass es wichtig ist, auch die kleinsten Zeitspannen für Entspannung zu nutzen. Hier sind einige Vorschläge für euch:

  1. Meditation für Kinder und Eltern
    • Geführte Meditationen, die speziell für Familien konzipiert sind, helfen, den Geist zu beruhigen. Plattformen wie YouTube oder spezielle Apps bieten eine große Auswahl. Bei jüngeren Kindern können diese Meditationen auch nur wenige Minuten gehen. Umso älter die Kinder werden, umso länger und intensiver können auch die Meditationen werden. Auch Erwachsene benötigen häufig einen leichten und zeitlich kurzen Einstieg in die Meditation um sich an diese Art der Ruhe und Konzentration zu gewöhnen.
    • Effekt: Baut Stress und Emotionen ab, schafft innere Ruhe und setzt den Fokus.
  2. Gemeinsame Tee-Zeremonien oder Schokoladenmomente
    • Setzt euch zusammen, bereitet bewusst einen Tee zu und trinkt ihn langsam. Nehmt den Geruch und die Wärme des Tees wahr. Trinke langsam und nehme mit jedem Schluck die Wärme, den Geruch und den Geschmack wahr. Bleibt ruhig und still und genießt den Moment gemeinsam. Nach wenigen Minuten könnt ihr gemeinsam über euch, euren Tag und eure Gefühle und Themen sprechen, wenn ihr möchtet.
    • Nehmt euch jeder ein Stück hochwertige Zartbitterschokolade mit hohe Kakaoanteil. Riecht an der Schokolade, nehmt die Schokolade zwischen den Fingern wahr, erspürt die Schokolade mit den Lippen. Legt die Schokolade auf die Zunge und erspürt und die Schokolade in Form und Geschmack in eurem Mund. Schließt dabei die Augen und nehmt den Geschmack intensiv wahr. Bitte beachte dabei, dass es sich dabei um kleine Schokoladenstücke handelt und nicht um eine ganze Tafel 😉
    • Effekt: Entschleunigt und fördert die Achtsamkeit, den Geruchssinn und den Geschmackssinn.
  3. Fantasiereisen
    • Erzählt oder hört gemeinsam eine Fantasiereise, bei der ihr euch z. B. vorstellt, an einem ruhigen Strand zu sein oder durch einen magischen Wald zu gehen. Wenn ihr euch selbst Fantasiegeschichten erzählt. könnt ihr die mit entspannender Musik, Geräuschen oder achtsamen Berührungen stärken.
    • Effekt: Regt die Vorstellungskraft an und beruhigt Körper und Geist.

Bedürfnisorientierte Erziehung: Ein achtsamer Ansatz

Eine bedürfnisorientierte Erziehung setzt auf Respekt, Empathie und Verständnis für die individuellen Bedürfnisse aller Familienmitglieder. Sie basiert auf der Idee, dass Kinder, ebenso wie Erwachsene, das Bedürfnis nach Sicherheit, Liebe und Autonomie haben. Achtsamkeit ist wie ein Schlüssel für Bedürfnisorientierte Erziehung. Wichtig dabei ist auch, dass die Bedürfnisse eines jeden einzelnen in und außerhalb der Familie zählen und jedes Bedürfnis gleichviel Wert ist. Denn das Wohl des Kindes ist genauso wichtig wie das Wohl der Eltern und das von Freunden und Fremden. Achtsamkeit fördert deine Wahrnehmung für dich, für euch und für alle.

  1. Aktives Zuhören
    • Höre deinem Kind mit voller Aufmerksamkeit zu, ohne es zu unterbrechen. Zeige Verständnis für die Gefühle und bestärke dein Kind, diese auszudrücken. Das Handy oder anderes sind Tabu bei Gesprächen miteinander.
  2. Grenzen achtsam setzen
    • Grenzen sind wichtig, aber sie können mit Respekt und Liebe vermittelt werden. Statt „Nein, das darfst du nicht!“ kannst du sagen: „Ich verstehe, dass du das möchtest, aber wir können das anders lösen.“ Ein ganz tolles Werkzeug ist das Wort „Wenn“. „Wenn du in die Pfütze hüpfst, werden deine Füße nass ohne Gummistiefel. Es ist sehr kalt, wenn du nasse Füße hast, kannst du dich erkälten, dann fühlst du dich nicht gut.“ „Wenn ich wütend werde sage ich manchmal Dinge, die nicht schön sind. Ich haue lieber auf einen Kissen, lasse meine Wut raus und überlege dann, wie ich mich fühle und wie ich das am besten sagen kann.“
  3. Rituale für Nähe
    • Kleine Rituale wie ein Gute-Nacht-Kuss, gemeinsames Lesen oder Kuscheln schaffen Geborgenheit und stärken die Bindung. Rituale geben uns Halt und einen Rahmen, der sich sicher und geborgen anfühlt. In der Familie stärkt es die Nähe und den Zusammenhalt.
  4. Eltern-Kind-Zeit
    • Plane bewusst Zeit für jedes Kind ein, um gemeinsam etwas zu tun, das ihm Freude macht. Diese Exklusivzeit ist ein kraftvolles Signal für Liebe und Aufmerksamkeit.
  5. Ich-Zeit
    • Plane regelmäßig Zeit für dich persönlich ein, um etwas zu tun, das dir Freude macht. Denke an regelmäßige Pausen und ausreichend Zeit für dich. Schling dein essen nicht runter, sondern schmecke es. Renne nicht zur Schule, sondern spaziere. Nehme dir Zeit für deine Persönlichkeit, deine Gefühle und deine Hobbies. Nehme dir Zeit für dich ganz allein und schaue, dass du deine Wünsche und Hobbies auch gemeinsam mit der Familie erledigen kannst. Lese ein Buch, während dein Kind im Kurs ist oder geht gemeinsam als Familie Eislaufen, wandern oder schwimmen. Nur wenn es dir gut geht und du ausgeglichen bist, kannst du dieses Gefühl auch weitergeben.

Fazit: Achtsamkeit als Familienphilosophie

Achtsamkeit in der Familie bedeutet, bewusst innezuhalten, aufeinander zu achten und Momente der Nähe zu schaffen. Durch achtsame Techniken, Bewegung, Entspannung und eine bedürfnisorientierte Erziehung können Eltern und Kinder lernen, Herausforderungen gelassener zu begegnen und das Familienleben harmonisch zu gestalten.

Diese Philosophie erinnert uns daran, dass jeder Tag – egal, wie hektisch – die Chance bietet, innezuhalten, durchzuatmen und die Schönheit des Miteinanders zu genießen. Achtsamkeit ist keine Perfektion, sondern ein Weg, gemeinsam zu wachsen und als Familie zusammenzuhalten und zu genießen.

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